Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn hat, wenn die geltend gemachte Arbeitszeit die gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit überschreitet.
Im Fall eines Minijobbers, der neben seiner Vollzeitbeschäftigung im Umfang von 38 Stunden pro Woche für einen Pizzadienst auf Abruf tätig war, wurde dies deutlich: Der Arbeitsvertrag auf Abruf enthielt keine konkrete Vereinbarung zur wöchentlichen Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer berief sich daher auf § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG, wonach ohne vertragliche Regelung eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart gilt. Er forderte vor dem Arbeitsgericht für 25 Wochen eine Nachzahlung von rund 3.800 Euro, da seine Arbeitgeberin ihn nicht entsprechend der angenommenen Arbeitszeit eingesetzt habe.
Höchstarbeitszeit als klare Grenze
Das LAG Berlin-Brandburg hat mit Urteil vom 13.09.2024, Az.: 12 Sa 321/24 den Anspruch des Arbeitnehmers auf Annahmeverzugslohn größtenteils abgewiesen und stützte sich dabei auf folgende Aspekte:
Höchstarbeitszeit von 48 Stunden: Nach § 3 ArbZG beträgt die gesetzliche Höchstarbeitszeit acht Stunden täglich, was bei einer Sechs-Tage-Woche 48 Stunden ergibt. Der Arbeitnehmer arbeitete bereits 38 Stunden in seinem Hauptjob und hätte mit den geforderten zusätzlichen 20 Stunden wöchentlich insgesamt 58 Stunden gearbeitet. Damit hätte er die zulässige Höchstarbeitszeit um 10 Stunden überschritten.
Fehlende Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers: Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach § 615 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Arbeitnehmer leistungsfähig ist. Da vorliegend die gesetzliche Höchstarbeitszeit nicht überschritten werden darf, war der Arbeitnehmer rechtlich nicht in der Lage, die geforderten Arbeitsleistungen zu erbringen.
Schutz durch das Arbeitszeitgesetz: Das Arbeitszeitgesetz (§ 3 ArbZG) dient dem Schutz der Arbeitnehmer vor Überlastung. Es verbietet nicht nur Arbeitgebern, Arbeitsleistungen entgegenzunehmen, die über die Höchstarbeitszeit hinausgehen, sondern schließt auch die Verpflichtung von Arbeitnehmern aus, solche Arbeitsleistungen zu erbringen.
Fazit für die Praxis
Dieses Urteil unterstreicht, wie wichtig klare vertragliche Regelungen in Abrufarbeitsverhältnissen sind. Arbeitgeber sollten Folgendes beachten:
Klare Arbeitszeitvereinbarungen: Ohne explizite Regelungen wird gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG bei Arbeitsverhältnissen auf Abruf eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden angenommen. Arbeitgeber sollten dies bei der Gestaltung von Verträgen für Abrufarbeit im Blick behalten.
Beachtung der Höchstarbeitszeit: Arbeitnehmer dürfen nicht mehr als die gesetzlich erlaubten 48 Wochenstunden arbeiten. Überschreitungen sind unzulässig und können weder eingefordert noch vergütet werden.
Vereinbarungen bei Minijobs: Auch für Nebenbeschäftigungen sollte der Arbeitsvertrag klare Vereinbarungen zum Umfang der Arbeitszeit enthalten, um Missverständnisse und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Das Urteil zeigt, dass Verstöße gegen die Arbeitszeitregelungen nicht nur die Rechte des Arbeitgebers, sondern auch die des Arbeitnehmers einschränken können. Klarheit und Rechtskonformität bei Arbeitszeitvereinbarungen sind somit unverzichtbar.
Madlena Gänsbauer
Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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